Weiter geht es mit meinem Begehungsprogramm, ein voller Tag. Ich besuche das Marine Lab, eine Einrichtung von KingsBay, die Forscher tageweise flexibel mieten können. Es ist in einem schicken Neubau am Hafen mit Sicht auf den Fjord untergebracht. Es gibt auf 2 Etagen sehr unterschiedliche Laborräume und Aquarien. Der Austausch mit den beiden Verantwortlichen ist sehr interessant: sie sind einerseits Dienstleister, die reibungslose Forschung ermöglichen sollen – andererseits aber auch für sichere Abläufe zuständig. Auch hier wird eine Gefährdungsbeurteilung erwartet – mit dem Problem, dass es da international unterschiedliches Verständnis von gibt. Schwierig sind auch Chemikalien, insbesondere Beschaffung, Lagerung und Entsorgung. Es gibt viele Themen, mit denen ich auch schon zu tun hatte, wie etwa Alleinarbeit/Personennotsignalanlagen.
Am Marine Lab ist auch die Druckkammer des AWI untergebracht. Sie ist Teil der Sicherheitsvorkehrungen gegen Tauchunfälle: sollte ein Taucher zu schnell auftauchen müssen, können sich im Blut und Gewebe gefährliche Gasblasen bilden. Die behandelt man, in dem man in einer Kammer Überdruck aufbaut und ganz langsam auf den normalen Luftdruck zurückgeht. Die Kammer sieht aus wie ein weißes Mini-UBoot. Sie ist bisher zum Glück nicht nötig gewesen.
Dann treffe ich die Krankenschwester von Ny-Alesund. Sie ist für die medizinische Versorgung und Notfälle zuständig. Sie hat eine Telemedizin-Verbindung zum Krankenhaus in Longyearbyn inkl. EKG- und Video-Übertragung. Ansonsten gibt es einen Rettungshubschrauber, aber der fliegt nur bei geeignetem Wetter. Schlimme Notfälle sind die Ausnahme, aber man muss eben mit der sehr speziellen Situation „am Ende der Welt“ zurecht kommen. Ansonsten ist das häufig, was man auch in einer Hausarztpraxis sieht: kleine Verletzungen, Erkältung, Harnwegsinfekte… dafür ist der Arzneischrank reich gefüllt, inkl. Antibiotika. Sogar eine Tetanusimpfung wartet im Kühlschrank auf den Einsatz (Wissenschaftler vom AWI werden sie nicht brauchen; zu meinem Job gehört es im Vorfeld den Tetanusschutz zu prüfen). Als ich mich verabschiede kommt ein Wissenschaftler zum Verbandswechsel nach Handverletzung. In der Wartezone hängen Info-Zettel und Gratis-Kondome. Hut ab vor diesem Job!
BETRIEBSARZT: Ich habe mich nochmal über meinen so bunten Beruf gefreut, der mich zu so unterschiedlichen und interessanten Themen und Menschen bringt!