9. Tag – Billefjord

Gestern abend sind wir aus dem Hornsund losgefahren, und es hat fürchterlich geschaukelt. Erst ging es und ich konnte mich auch noch um die Waschmaschine kümmern (es gibt an Bord 2 Waschmaschinen und 2 Trockner, die wir nutzen können), aber dann…

Heute, 14.08.24 sind wir im Billfjord unterwegs, also kein Seegang. Der Tag beginnt nach dem Frühstück wieder mit CTD und Handnetz, dann wird gefischt – immer hoch-und-runter den Fjord entlang. Das Wetter ist eher trübe, nur gelegentlich wird der Gletscher schön beschienen und zeigt im Fernglas interessante Formen. Zum Mittag zaubert unser Koch Königsberger Klopse – wie so viele wirklich selber macht und nicht aus der Dose! Nachmittags kommt das Passagierschiff „Polargirl“ vorbei und fährt bis zum Gletscher. Nach längerer Zeit war das die erste Begegnung. Am nordöstlichen Rand des Fordes liegt die alte Bergbaustatt Pyramiden, ein echter „lost place“. Schade, dass wir da nicht anlegen.

Das Oberflächenwasser ist mit 11°C hier auffällig warm. Zu warm, um unsere gefischten Polardorsche zu halten. Ich mache mich nützlich beim Umbau der Quarantänebecken: entleeren, spülen, wiederbefüllen und festzurren. Wie so oft muss dabei auch improvisiert werden, um die verschiedenen Anschlüsse zueinander passen zu machen. Dann schließen wir eine zusätzliche Kühlanlage an. Schein alles gut – wenn nicht zufälligerweise das Temperaturmessgerät auch die Salinität messen würde… das Wasser ist viel zu süß! Das würde den Fischen gar nicht gut tun! Zumindest ist der Grund dafür klar: Das Meerwasser an Bord wird oberflächennah eingesaugt. In der Nähe des Gletschers bildet sich durch Schmelzwasser (also Süßwasser) eine Schicht auf dem Meerwasser. Wir werden nun entweder Wasser von weiter draussen oder aus den Tanks nehmen. Später vermessen wir Polardorsche; dabei kommt ein neues sprachgesteuertes Datenerfassungssystem zum Einsatz, bei dem die Fischlängen einfach diktiert werden. Ich bin menschlicher Protokollant zur Kontrolle und sitze mit Klemmbrett und spitzem Bleistift H3 daneben. Alle 10-20 Sekunden an der richtigen Stelle eine Strichliste zu führen hört sich nicht sehr anspruchsvoll an – ist es aber: Es ist Konzentration nötig um die angesagt Länge vor dem Geräuschteppich von Meer, Schiff, Kollegen zu hören – andererseits ist es auch nicht schnell und komplex genug, dass die Gedanken nicht anfangen zu fliegen. Fast 250 Fische, dann ist es erledigt. Endlich – ich freue mich, dass dieser Arbeitsplatz kein Zukunft hat.

Abends Vorstellung der aktualisierten Fahrtplanung – und dann starten wir raus aus dem Fjord, vorbei an Longyearbyn und Barentsburg, und nehmen Kurs auf den Krossfjord. Ich gehe früh ins Bett um der Seekrankheit zu entkommen; zumindest kann ich bei Seegang gut schlafen.

BETRIEBSARZT: in der Kombüse hängt ein Hautschutzplan und div. Cremespender. Fabelhaft, das erfreut den Betriebsarzt. Aber man muss anmerken, dass das AWI für den Arbeitsschutz des Schiffes nicht verantwortlich ist – das liegt in Händen der Reederei.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter: